Das neue Conversationshaus
Am Ende der Saison 1821 begannen auf Anweisung von Großherzog Ludwig die Vorabeiten für den Bau des neuen Conversationshauses. Der Neubau sollte neben einem großen Saal ein Lesekabinett, Spielräume, eine Restauration, ein Theater sowie Nebenräume für kleinere Bälle und Privatgesellschaften erhalten.
Die Planungen wurden erneut Friedrich Weinbrenner übertragen. Der erste Kostenvoranschlag lag bei 92.453 Gulden. Den Hauptteil der Finanzierung wollte der Staat aus den Einnahmen der Spielbankabgabe decken.
In dieser Baumassnahme entstand unter anderem die markante Säulen-Fassade des Hauptbaus. Es wurde damals mit heimischem Material gebaut - so sind die mächtigen Kurhaus-Säulen aus Murgtäler Sandstein. Hinter der Säulenfassade wurde der prachtvolle Konversationssaals gebaut - der heutige "Weinbrennersaal". Er sollte überwiegend die Promenade der Kurgäste bei schlechtem Wetter sein. Hier sollte man umher spazieren, miteinander plaudern, Musik hören und ab und an ein paar Gulden an den in den Nebenräumen aufgestellten Spieltischen riskieren. Stühle gab es anfangs nur einige an den Wänden. 1824 waren die umfangreichen Baumaßnahmen abgeschlossen.
In den Jahren bis 1850 nahm der Fremdenverkehr in Baden-Baden stetig zu. 1801 hatte man noch 1.555 Badgäste gezählt, 1825 waren es schon 7.750 Fremde und 1835 stattliche 15.500.
Die Bälle im Conversationshaus waren zu damaliger Zeit bei den internationalen Gästen sehr beliebt, wie Hyppolit Schreiber 1831 in seinem Stadtführer berichtet "Ein solcher Ball bietet wirklich ein sehenswertes Schauspiel. Die elegante Badewelt aus allen Teilen Europas strömt hier zusammen: Engländer, Franzosen, Italiener, Holländer, Teutsche mischen sich in diesem bunten, glänzenden Verein, uns selbst die fürstlichen Personen, die sich häufig in Baden-Baden einfinden, verschmähen nicht an diesem ungezwungenen, gesellschaftlichen Vergnügen Antheil zu nehmen".
Die Ära Bénazet
1838 übernahm Jacques Bénazet das Conversationshaus und baute den Veranstaltungsbereich weiter aus, um Platz für weitere Spieltische und kulturelles Programm zu schaffen. Ab 1841 dauerte die Saison schon vom 10. Mai bis Ende Oktober. Dank des seit 1837 in Frankreich bestehenden Spielverbots und auch der Eisenbahnanbindung im Jahr 1844 stieg der Fremdenverkehr immer weiter an. 1847 zählte man bereits 32.943 Besucher.
Nach dem Tod von Jacques Bénazet 1848 übernahm sein Sohn Edouard den Pachtvertrag für das Konversationshaus. Er prägte bis zu seinem Tod im Jahr 1867 eine wichtige Epoche der Baden-Badener Fremdenverkehrsgeschichte. Er setzte das Werk seines Vaters fort, übertraf diesen jedoch bei der Förderung des kulturellen und gesellschaftlichen Pogramms.
Obwohl 1850 im Lande Baden der Kriegszustand herrschte, fanden sich bereits wieder rund 30.000 Badegäste ein. Die Regierung hatte für sie sogar eine Ausnahme des für alle Badener gültigen Tanzverbots angeordnet. Während im ganzen Land Not herrschte - Missernten, Geldentwertung, Arbeitslosigkeit und Naturkatastrophen kamen zusammen - amüsierten sich bei Monsieur Bénazet die Reichen und Superreichen.
Quelle: Robert Erhard "Aus der Chronik der Kaiserallee", Teil 2